„Sagen, was ist, wird die Welt verändern.“
Anni Bürkl über ihren Kriminalroman arbeits/los
Warum hast du das Buch geschrieben? Was war für dich der Anstoss dazu?
Der Anlass für mich waren die vielen Bücher, in denen alle so hip sind an ihren Arbeitsplätzen in den Agenturen und so weiter. Alle sind so kreativ und verstehen sich immer blendend, und gehen nur auf klasse Events, und alle sind lustig. Und alle sind immer so cool und gut drauf und die tollste Moccamaschine ist das wichtigste überhaupt.
Da dachte ich mir: Das kanns nicht sein. Das ist nicht so. Ich kenne Geschichten ... jede Menge. Diverse Leute haben mir nach dem Lesen gesagt, wieviele der Figuren sie wieder erkennen, dass sie solche Menschen selbst kennen ... was für arge Situationen sie miterlebt haben...
Mobbing und Arbeitlosigkeit können jede und jeden von uns treffen – jederzeit, in jedem Alter, in jeder Position, jeder Region, Frauen wie Männer. Es gibt Obdachlose, die früher Unternehmenschefs waren. Das ist die Realität.
Mir ist wichtig: Die Dinge an- und auszusprechen. Hannah Arendt hat gesagt: „Sagen was ist, wird die Welt verändern.“ Ich wünsche mir und uns allen, dass immer mehr Menschen aussprechen, was ist. Denn man muss die Dinge benennen, um sie zu verändern.
Ein anderer wichtiger Punkt ist: Es gibt Hilfe und Unterstützung. Die muss man sich holen. Wenn man sie braucht. Aber es kommt immer auch auf mich selbst an, was ich tue. Und ich bin überzeugt davon, jeder Mensch hat immer eine Wahl. Ich kann mich immer entscheiden, etwas zu tun – oder nichts zu tun. Es gibt immer eine Chance. Krise ist das griechische Wort für Chance!
Wie und wo hast du recherchiert? Was hast du erfahren?
Ich habe diverse Fallgeschichten kennengelernt, am Arbeitsamt recherchiert, Texte über Mobbing und das Los der Arbeitenden gelesen, und über das die Arbeit-Los-Sein. Das werde ich auch immer wieder gefragt: Meine Geschichte ist überhaupt nicht autobiografisch.
Nach den Recherchen war ich irgendwann soweit, dass die Handlung nur in einem Mordfall resultieren kann...
Wie waren die Reaktionen auf deinen Roman?
Zum Teil heftig. Viele haben mir gesagt, wie gut es ist, dass ich das Thema angepackt habe und dass es sehr spannend zu lesen war. Ich glaube, niemand hat bisher die Mörder erraten. :-)
Jemand hat mir geschrieben: „manchmal bekam ich schon eine wut auf die typen. alles ziemlich aus dem leben gegriffen und man findet sich und andere des öfteren wieder.“
Andere finden, dass das Thema doch zu depressiv sei, eine Verlegerin hat mir gar geschrieben, dass so ein Thema nicht als Roman abgehandelt werden könne. Was ja völlig absurd ist. Welches Thema ist für einen Roman per se ausgeschlossen? Und arbeits/los ist ja ein Kriminalroman...
Warum spendest du einen Teil des Verkaufserlöses an die Frauenhäuser?
Ich bin überzeugt davon, dass Literatur etwas bewirken kann. Ich habe etwas gegen geistige Umweltverschmutzung, gegen das Zudröhnen-Lassen der Gedanken und Gefühle. Ich lasse mich beim Lesen selbst nicht gern mit billigen Inhalten ablenken von der Realität rund um mich herum.
Ich möchte, dass Literatur über sich selbst hinaus etwas bewirkt. Deshalb geht 1 Euro pro verkauftem Buch an die Frauenhäuser.
(entstanden als Vorbereitung auf meine Lesung beim Wiener Salon)
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